Interview mit Uwe/ 2. Teil

Interview mit uwe münch/ 2. Teil

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◆ Das Einsingen mit dir bringt einige wenige manchmal an die Grenzen der Beweglichkeit.

„An die Grenzen“ zu gehen ist meiner Ansicht nach immer gut, und ohnehin das Ziel jeder künstlerischen Tätigkeit.
Die Grenzen sind ja bei jeder/jedem sehr unterschiedlich, daher wird ohnehin jede/jeder individuell entscheiden, wie weit sie/er geht.

Ich habe zuletzt im Studium selbst in einem Chor gesungen, danach war ich stets mit Leitungsaufgaben betraut.

◆Du selbst bist ein guter Sänger. Bei welchen Gelegenheiten bringst du dich als Sänger ein? Oder singst du selber in einem Chor?

◆ Erlebst du Chorarbeit in der Schweiz anders als mit den jungen Musikerinnen an der Berufsfachschule im deutschen Dinkelsbühl? Du selbst bist ein guter Sänger. Bei welchen Gelegenheiten bringst du dich als Sänger ein? Oder singst du selber in einem Chor?

Ja, aber das hat zunächst nichts mit der Nationalität zu tun, weil die Bedingungen der Chöre nicht unterschiedlicher sein könnten. Auf der einen Seite habe ich es mit jungen angehenden BerufsmusikerInnen zu tun, die allerdings aus sehr unterschiedlichen musikalischen Kontexten (VokalistInnen, InstrumentalistInnen, Klassik, Rock/Pop/Jazz etc.) stammen. Darüber hinaus stehen alle selbst in der Ausbildung zur Chor-/Ensembleleiterin mit Pflichtfach Chorsingen, auch wenn nicht alle in diesem Beruf arbeiten werden. Im Falle unseres Chores haben wir es mit Konzertchor im Laienbereich zu tun.

Das ist schwierig zu beantworten, denn es handelt sich bei Äußerungen zur „Mentalität“ immer um sehr subjektive Wahrnehmungen, die im Chorbereich sicher auch schlecht zu verallgemeinern sind. Außerdem gibt es in jedem Ensemble wiederum eigene Dynamiken.
Die Sprachbehandlung ist sicher ein wenig unterschiedlich, wobei sprachliche Details beispielsweise hinsichtlich der Vokalfarben südlich des Bodensees einer weitaus höheren Kompetenz der Schweizer Chöre bei romanischen Sprachen gegenüberstehen.

 Ist die Mentalität der Sänger in Deutschland und hier in der Schweiz sehr unterschiedlich. Und das Feilen an der Sprache?

◆ Es scheint dir in der Schweiz sehr gut zu gefallen, wenn man bedenkt, dass du gleich zwei Chöre in der Region Ostschweiz leitest.

Ich arbeite sehr gerne in der Schweiz. Für mich fühlen sich die Arbeitsbedingungen in meinem Bereich besser an als in Deutschland.

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Ich wollte eigentlich insgesamt reduzieren. Aus sehr unterschiedlichen Gründen erschien mir dann nach einer kurzen Abwägungsphase die Idee eines weiteren Chores im Thurgau als eine gute Idee.

◆ Hast du einen weiteren Chor gesucht, oder war der Konzertchor wie ein glücklicher Zufall?

◆ Könntest du dir vorstellen, deine ganze Tätigkeit in die Schweiz zu verlegen, wenn es ein vergleichbares Angebot gäbe wie in Dinkelsbühl?

Ja. Die Distanzen zwischen der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl, der Musikhochschule in Stuttgart und den Chören in der Schweiz sind auf Dauer schon belastend.

Zunächst waren da die Langspielplatten meiner Eltern. Aber auch Musik in der Kirche und beglückende kleine Erlebnisse haben ihren Teil dazu beigetragen. Zum Beispiel trommelte mein Vater eines Abends aufgeregt die ganze Familie zusammen, weil im Radio gerade ein überirdisch schönes Musikstück erklang - es war das Beethoven-Violinkonzert, welches wir alle zum ersten Mal hörten.

◆ Wie bist du zur Begeisterung für die Musik gekommen, und warum hast du diesen Beruf gewählt.

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 Ich erlebe dich als grossartigen Pianisten, bewundere dein grossartiges Repertoire und liebe es, wie du den Chor als korrepetierender Dirigent leitest. Würdest du lieber die Korrepetition abgeben und dich voll dem Dirigieren widmen?

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Generell ist das Leiten der Probe als Dirigent und ohne den Flügel als Barriere viel effektiver, weil die Energie des unmittelbaren Austausches mit dem Chor zu mehr Freude und zu einer nachhaltigeren Erarbeitung des Werkes führt.

◆ Was macht die Musik mit dir. Ist es Job, Beruf oder auch Berufung und Kür. 

Alles abwechselnd und gleichzeitig, und die entsprechenden Emotionen ebenfalls.

Ich habe mit der Blockflöte begonnen, lange Orgel gespielt (inklusive Unterricht), und besitze eine Lehrbefähigung als Musikschullehrer für Violoncello.

◆ Spielst du, oder spieltest du noch ein weiteres Instrument. Und, hast du vielleicht – wie in der Schweiz sehr viele Kinder – mit der Blockflöte angefangen?

Entspricht die Zusammensetzung des Chores schon deiner Idealvorstellung?

 

Ich glaube der Ist-Zustand entspricht bei Leitenden nie dem Ideal. Wenn das so wäre, müsste/ würde man aufhören.

Die geflügelte Beschreibung von Musik als „tönend bewegte Formen“ des Musikphilosophen E. Hanslick widerspiegelt unter anderem den Zeitaspekt dieser Kunstform. Zeit und Vergänglichkeit beinhalten und bedingen Bewegung. Durch die reale oder vorgestellte Bewegung unseres Körpers sind wir auch im Augenschein Teil dieses Fließens, und lernen Musik und den Vorgang des Musizierens besser zu verstehen. Dadurch und durch die entstehende Elastizität verbessern sich auch reell alle Parameter im Körper, die guten Gesang ermöglichen.

Du verstehst es, uns zu vermitteln, dass Musik Bewegung ist. Kannst du dies näher erläutern?

Es macht Freude mit dir zu singen. Macht es dir auch Freude, mit uns zu singen?

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Ich denke, es gibt verschiedene Ebenen der Freude. Natürlich ist die Emotion Freude bei musikalischer Arbeit nicht in jedem Moment gleichermaßen spürbar. Aber die freudvollen Augenblicke überwiegen bei Weitem und stellen einen übergeordneten Zustand her, der immer durchscheint, und aus Freude und Dankbarkeit besteht.

Ich könnte höchstens sagen, wo ich ihn sehen möchte. Die Arbeit, die sich an den eigenen Vorstellungen misst, verläuft ja nie gradlinig und beinhaltet immer wieder Überraschungen. Dies führt dazu, daß der Kurs stets neu ausgerichtet wird, und sich dabei manchmal auch die Ziele verändern.

Wo siehst du den Chor in fünf Jahren?

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Bilder aus der Probe vom 24. Februar 2025. Uwe einmal als Dirigent und nicht als Korrepetitor.

Uwe, ganz herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung der Interview-Fragen.
Auf gute Zusammenarbeit.

Die Fragen im zweiten Teil hat Kurtheiri Kubli gestellt.